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Angedacht-Gedanken zum Monatsspruch

Dezember 2024

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!

Jesaja 60, 1

In einer Kirchengemeinde im Ruhrgebiet ereignete sich vor einigen Jahren zu Weihnachten Folgendes: Der Gemeindebeirat, in dem einige sehr fortschrittlich gesonnene Leute saßen, schlug dem Presbyterium vor, zu Weihnachten doch auf den Weihnachtsbaum in der Kirche zu verzichten – zum einen aus Umweltschutzgründen und weil es darüber hinaus doch ein Zeichen wäre, in der Kirche den sentimentalen Weihnachtskitsch, der die Fußgängerzonen und die Medien beherrschte,  nicht auch noch in der Kirche mitzumachen.

Am Heiligen Abend dann, als die Leute in die Kirche strömten, schauten sich viele verwundert um: „Wie? Kein Weihnachtsbaum? Das geht doch nicht!“ Und es wird berichtet, dass sehr viele wieder kehrtmachten und verärgert und frustriert nach Hause gingen. So richtige „Weihnachtsstimmung“ wollte an jenem Abend in der halb leeren Kirche nicht aufkommen…

Das Experiment war also gehörig misslungen. Vermutlich deswegen, weil doch sehr viele Menschen das Weihnachtsfest nach wie vor mit „Licht“ in Verbindung bringen. Zwar haben mittlerweile LED-Lichterketten die guten alten Christbaumkerzen weitgehend verdrängt, aber Licht muss doch wohl zu Weihnachten sein. Die Leute haben Recht: Licht gehört zur ureigensten Botschaft von Weihnachten. Weihnachten ist Gottes Antwort auf die Dunkelheiten in der Welt. Nur im Dunkeln kann man Licht auch wirklich als Licht wahrnehmen.

Dunkelheiten gibt es zurzeit in unserer Welt wahrlich genug – und wahrscheinlich war das schon immer so. Die Felder von Bethlehem waren in tiefe Finsternis gehüllt, und die durch den Krieg in der Ukraine verursachten Stromausfälle, um nur ein Beispiel aus unserer Gegenwart zu nennen, lassen Menschen in der Dunkelheit sitzen. Das ist für das Leben dort nicht nur unangenehm und einschränkend, sondern es löst Ängste aus. Die Weihnachtsbotschaft „Fürchtet euch nicht“ hat es da sicher nicht leicht, die Herzen der Menschen zu erreichen.

Und auch die Botschaft, die unser Monatsspruch für den diesjährigen Dezember weitergibt, ist nicht so ohne Weiteres aufzunehmen und weiterzugeben: Mache dich auf, werde licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir! Wer sich in Dunkelheiten und Ängsten verkriecht, wird vom bloßen Wortlaut dieser Botschaft vermutlich kaum erreicht. Da ist es wichtig, dass diejenigen Menschen – und zu denen gehören auch wir in Westeuropa -, die genug Licht haben und in der Vorweihnachtszeit viele Lichter anzünden können, sich aufmachen und zu Lichtbringern werden – damit es nicht zwangsläufig so bleibt, wie Bertold Brecht es in der „Dreigroschenoper“ ausdrückt: „Denn die einen sind im Dunkeln / Und die anderen sind im Licht. Und man siehet die im Lichte / Die im Dunkeln sieht man nicht.“

Es ist hier nicht der Ort, im Einzelnen vorzuschlagen, welche Möglichkeiten wir zum Licht-Bringen haben. Unserer Fantasie ist dabei keine Grenze gesetzt. Unsere Advents- und Weihnachtsgottesdienste, die wir hoffentlich alle mitfeiern und mitgestalten können, können uns dazu sicherlich vielfache Anregungen und Ermutigungen liefern. Manchmal denke ich, schon ein Blick auf einen mit Lichtern geschmückten Weihnachtsbaum sollte mehr in uns auslösen, als nur wohlige Gefühle und Erinnerungen. Sondern darin bestärken, dass die erhellende, frohmachende Botschaft von der Geburt Jesu im dunklen Stall von Bethlehem allen Menschen gilt und ihrem Leben Hoffnung; Freude und Frieden bringen soll.

Übrigens: die Ruhrgebietsgemeinde hat das Experiment im folgenden Jahr nicht wiederholt. Da kehrte der gute alte Lichterbaum doch wieder in die Kirche zurück…

Bernd Krefis, Steinfurt-Burgsteinfurt